Roma: Brief junger Romnja und Rom an Bundespräsident Waldheim im Jahr 1987

Roma: Brief junger Romnja und Rom an Bundespräsident Waldheim im Jahr 1987

Abschrift des Briefes: "Oberwart, 17. 2. 1987 - Sehr geehrter Herr Bundespräsident! – Betreff: Wegen Rassenverstoßung! Ich Horvath Herbert, Sprecher aller Jugendlichen Zigeuner in Oberwart und Umgebung möchte Ihnen folgendes mitteilen. Da die Behörden unsere Rechte nicht verteidigen und respektieren, wenden wir uns deshalb herzlichst an Sie! – In den meistern Diskotheken und Lokalen haben die Zigeuner nichts zu essen und zu trinken bekommen. Denn die Lokalbesitzer werfen die Zigeuner alle in einen Topf. Wir sehen aber auch ein, daß es auf beiden Seiten gute und schlechte Menschen gibt. – Da die Behörden nichts dagegen unternehmen, wenn wir sie um Hilfe und unser Recht zu vertreten bitten, weisen sie uns einfach ab. Sie sagen, daß wir diese Lokale nicht besuchen sollen. – Wir sehen nicht ein, wenn wir unsere Steuern bezahlen, daß uns einfach unser Recht genommen wird. Weil wir Zigeuner sind, will uns niemand verteidigen. Wenn jemand einem Zigeuner sein Recht verteidigt, wird er einfach von der Gesellschaft ignoriert. Wir möchten noch hinzufügen, wenn dagegen nichts unternommen wird, daß wir an keiner Wahl teilnehmen werden. Auch wenn es eine Pflichtwahl geben sollte. Denn wir fühlen uns von der Gesellschaft ausgestoßen. – Ich persönlich möchte mich gegenüber unserer Polizei bei Ihnen beschweren. Ein Bekannter und ich waren in der Diskothek „Eldorado“ in Oberwart. Wir bekamen nichts zu trinken. Ich fragte nach dem Grund. Daraufhin ließen wir uns das nicht grundlos gefallen. Ich rief gleich darauf die Gendarmerie in Oberwart an und bat höflichst um Rat und was ich dagegen unternehmen könnte. Der diensthabende Polizist hat mit mir am Telefon derartig zu schreien begonnen. Er sagte, wir sollen das Lokal sofort verlassen und keinen Menschen in der Diskothek belästigen. Von Belästigung war aber keine Rede. Wir verließen daraufhin das Lokal. – Am 16. 2. 1987 ging ich auf die Gemeinde in Oberwart. Dort sprach ich mit dem Gemeindebeamten Gilschwert über das Geschehen des Abends des 15. 2. 1987. Er sagte, ich sollte mit dem Lokalbesitzer reden, damit wir dort wieder zu trinken bekommen. Aber es hilft uns auch nicht weiter, wenn wir in einem Lokal wieder zu trinken bekommen. Doch in den anderen Lokalen bekommen wir trotzdem grundlos nichts. Eben wegen den Vorurteilen gegen die Zigeuner. – Deshalb wenden wir uns höflichst an Sie, daß Sie unsere Rechte auch vertreten. Die Meinungen, die wir haben, will niemand hören. Darum möchten auch wir die gleichen Rechte wie jeder Staatsbürger in Österreich haben. – Hochachtungsvoll Horvath Herbert und Susanne und 16 weitere Romnja und Rom "

JAHR DER ENTSTEHUNG

1987

ANGABEN ZUR HERKUNFT DES BILDES

Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER

Herkunft des Bildes: Aus "Roma Cajtung" Herbst 2023

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