Auch wenn die offizielle Vereidigung des Bürgermeisters, seiner „Beigeordneten“ und Gemeinderäte erst am 1. Februar 1939 stattfand, so übte Dr. Franz Weisch offensichtlich schon seit dem ‚Anschluss‘ 1938 dieses Amt aus. Er war als solcher, wie es das Gesetz vorsah, ehrenamtlich tätig und erhielt dafür eine Aufwandsentschädigung. Ihm zur Seite standen zehn Gemeinderäte und vier ehrenamtliche „Beigeordnete“ – unter ihnen die späteren Bürgermeister Gustav Brunner und Ludwig Groll sowie der NSDAP-Ortsgruppenleiter Willibald Pierer. Weisch wurde, wie sein Vorgänger Vogl, 1892 geboren, und zwar am 22. März 1892 in Heiligengeist (im heutigen Slowenien). Nach seinem Studium in Graz kam er 1922 als Rechtsanwaltsanwärter ins Burgenland, wo er Ida Freißlinger (1904–1961) ehelichte, die Tochter des bekannten Oberwarter Gastwirts Andreas Freißlinger. Weisch war Mitglied in verschiedenen Vereinen – als Obmann des Deutschen Turnvereins Oberwart bewegte er sich dort in einem rein deutschnationalen/nationalsozialistischen Umfeld; im Oberwarther Kultur- und Verschönerungsverein, wo er u.a. 1932 unter dem Obmann Dr. Paul Schlenger in den Vorstand gewählt wurde, fanden sich auch jüdische Mitglieder (wie der Rechtsanwalt Dr. Julius Konstantin oder der Arzt Dr. Ernst Köves). Ab 1925 arbeitete er jedenfalls als Rechtsanwalt und beschäftigte zwischen 1932 und 1938 auch den späteren steirischen Gauleiter-Stellvertreter Dr. Tobias Portschy als Rechtsanwaltsanwärter. Obschon dieser mehrmals aufgrund seiner nationalsozialistischen Betätigung inhaftiert war und somit seiner Tätigkeit nicht nachgehen konnte, blieb das Arbeitsverhältnis aufrecht. Dies lag wohl auch daran, dass Weisch, seit 1931 NSDAP-Parteimitglied, ebenfalls in der sog. ‚illegalen Zeit‘ aktiv war, also der Zeit, in der die Betätigung für die NSDAP verboten war. In Oberwart/Felsőőr wurden schon vor dem 11. März 1938 „in einer geheimen Befehlszentrale, in der Wohnung des Rechtsanwaltes Dr. Franz Weisch, alle nötigen Vorkehrungen getroffen“ , um die lokale NS-Machtergreifung zu koordinieren bzw. durchzuführen. Nach dem ‚Anschluss‘ übte er nicht nur im Verwaltungsbereich das Amt des Bürgermeisters aus, sondern war auch weiterhin für die Partei aktiv, u.a. als Amtsleiter des Rechtsamtes in der Kreisleitung oder als „Kreiskriegerführer“. Er wurde ferner als SA-Mitglied geführt. Parallel dazu blieb er als Rechtsanwalt aktiv. In seine Zeit als Bürgermeister fielen die ‚Arisierungen‘, und seine Kanzlei wickelte auch Kaufverträge im Rahmen von ‚Arisierungen‘ ab. 1948 wurde Weisch „wegen Illegalität und des Verbrechens der Beihilfe zum Verbrechen der versuchten missbräuchlichen Bereicherung zu 2 Jahren schwerer [sic!] Kerker und Vermögensverfall verurteilt“. Das Gericht bezweifelte nicht, dass Weisch in der NS-Zeit im Zuge eines ‚Arisierungsverfahrens‘ insofern amtsmissbräuchlich tätig war, als er versucht hatte, einen ‚Parteigenossen‘ beim Erwerb einer „jüdischen Liegenschaft“ zu begünstigen. Die Belastung wurde 1955 getilgt. Weisch verstarb 1972.
Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER
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