Ausführlicher Artikel in der Oberwarther - Sonntagszeitung vom 4. Feber 1923: Die Gründung der Gewerbe- und Handelsgenossenschaften in Oberwarth

Ausführlicher Artikel in der Oberwarther - Sonntagszeitung vom 4. Feber 1923: Die Gründung der Gewerbe- und Handelsgenossenschaften in Oberwarth

Die Zeitung schreibt sehr ausführlich auf Seite 1 und 2: "Wie wir bereits in unserer letzten Nummer berichteten, fanden am 25. und 26. Jänner im Wagnerschen Gasthaus in Oberwarth die gründenden Versammlungen der Handels- und Gewerbegenossenschaften im Sinne der österreichischen Gewerbeordnung statt, über Aufforderung der Gewerbekorporation von Oberwarth fand vorher eine Beratung statt. Gewerbevereinspräses Kasper begrüßte die Erschienenen worauf von der Versammlung Gastwirt Romwalter aus Rechnitz zum Vorsitzenden gewählt wurde. Präses Kasper und Kaufmann Varga besprachen die Uebelstände bei der burgenländischen Krankenkasse und brachten eine Resolution zur Verlesung. Die Versammlung äußerte vielfach Beschwerden und Uebelstände in der Gebarung der Krankenkasse und nahmen die abgefaßte Protestschrift einstimmig an. Um halb 12 Uhr erschien Bezirksverwalter Sektionsrat Günzl in Begleitung des Genossenschaftsreferenten Bezirkshauptmann Dr. Buchner. Nach einer kurzen Darstellung über das Genossenschaftswesen schritt man zur Wahl der Vorstände für die Genossenschaften und Handelstreibenden, der Metall- und Holzverarbeitenden und der allgemeinen Gewerbe. Das Wahlergebnis bringen wir nachstehend. Nach Nominierung der Vorstände wurde die Sitzung geschlossen. – Am Freitag fand die Gründung der weiteren fünf Genossenschaften statt, u. zw. die der Gastwirte, der Bäcker, der Schuhmacher, der Kleidermacher und der Fleischhauer statt. Dr. Buchner erklärte in einem fesselnden Vortrag die Bedeutung des Genossenschaftswesens, dessen Entstehung und dessen Ausbau. Aus dem Inhalte des Vortrages sei erwähnt, daß das Genossenschaftswesen weit in das Mittelalter zurückreicht und zur Blütezeit des Handels und Gewerbes im Zunftwesen seinen Höhepunkt erreichte. Später, als das Gewerbe zu verfallen begann, verloren auch die Zünfte ihre Bedeutung, sie sanken mehr oder minder zu Vergnügungsvereinen herab. Erst die neue Zeit mit ihrem fieberhaften Organisationsfortschritt rief wieder das Bedürfnis nach Vereinen und Verbänden wach und so war in der im Jahre 1859 erschienenen Gewerbeordnung zum ersten Mal das Genossenschaftswesen erwähnt und wurde demselben mit Novelle vom Jahre 1895 und 1897 weitere Machtbefugnisse verliehen. Im Jahre 1907 erlangte das Genossenschaftswesen durch die Novelle zur Gewerbeordnung die letzte Ausgestaltung. - Die Genossenschaft in ihrer heutigen Form hat die Aufgabe, die Angehörigen ihres Standes evident zu führen, das Ansehen ihres Standes zu erhalten und zu heben, Streitfälle zwischen den Mitgliedern nicht vor die breite Oeffentlichkeit gelangen zu lassen, sondern im eigenen Wirkungskreise zu schlichten, Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch Abschließen von Kollektivverträgen zu beseitigen und für einen tüchtigen Nachwuchs Sorge zu tragen. Die Genossenschaften untereinander können sich wieder zu einem eigenen Verband zusammenschließen, zu einem Genossenschaftsverband, dem die Erledigung aller gemeinsamen Interessen obliegt. Die Genossenschaften sind Zwangsgenossenschaften und ist jeder Gewerbetreibende verpflichtet, denselben anzugehören und den statutarischen Bestimmungen gerecht zu werden. - Sodann ergriff Bürgermeister Stachel aus Hartberg im Namen des Reichsverbandes der Gastwirte das Wort, um die neu gegründete Gastwirte-Genossenschaft zu begrüßen. Der Redner wies auf die besondere Bedeutung der Genossenschaft für die Gastwirte hin, da gerade in letzterer Zeit Gesetze geplant sind, welche schwere Schädigungen des Gewerbes beinhalten, gegen welche nur eine geschlossene Organisation wirksam aufzutreten imstande ist. Dr. Fuith, Oberwarth, beantragte als Sekretär der schon bestehenden Gastwirte-Genossenschaft die Uebernahme des bereits gewählten Vorstandes in die neue Genossenschaft. Für den verstorbenen Präses Gastwirt Johann Rehling wurde Gastwirt Andreas Freißlinger, Oberwarth, einstimmig zum Vorsteher gewählt. Hierauf erfolgte die Wahl der Vorstände der übrigen Genossenschaften, und zwar wurden gewählt: Handelstreibende - Vorsteher: Karl Varga, Oberwarth; Stellvertreter: Julius Kohn, Oberwarth; Ausschuß - Emil Schey, Groß-Petersdorf; Karl Strobl, Pinkafeld; Moriz Günsberger, Rechnitz; Adolf Fleck, Stadt-Schlaining; Heinrich Meier, Rechnitz; Johann Hochwarter, Litzelsdorf; Ersatz: Alfred Fleck, Oberschützen; Alexander Friedrich, Groß Petersdorf; Rechnungsrevisoren: Franz Wagner, Rothenthurm; Johann Wehofer, Oberwarth; - Allgemeine Handwerke: Vorsteher Josef Kaspers, Oberwarth; Stellvertreter: Georg Pelz, Oberwarth; Michael Feingruber, Rechnitz; Ausschuß: Josef Tomisser, Rothenthurm; Franz Glavanovits, Rechnitz; Josef Weigl, Oberwarth; Franz Peilhamer, Groß-Petersdorf; Johann Freißlinger, Altschlaining; Ersatz: Adolf Grabner, Pinkafeld, Johann Leitner, Rothenthurm; Rechnungsrevisor: Leopold Sommer, Oberwarth; - Metallverarbeitende Gewerbe. Vorsteher: Ludwig Schober, Oberwarth; Stellvertreter: Ludwig Nika, Oberwarth; Ausschuß: Johann Pranger, Rechnitz; Josef Holzmann, Groß Petersdorf; Mathias Trattner, Riedlingsdorf; Josef Schmölzer, Pinkafeld; Franz Lakatos, Oberwarth; Franz Baumgartner, Rothenthurm; Ersatz: Stefan Nemeth, Rechnitz; Samuel Bruckner, Allschlaining; Rechnungsrevisoren: Johann Hermann, Oberwarth; Samuel Hutter, Oberwarth; - Holzverarbeitende Gewerbe: Vorsteher: Johann Pfeiler, Oberwarth; Stellvertreter: Andreas Guth, Pinkafeld; Ausschuß: Johann Kratzer, Rothenthurm; Alois Korpatitsch, Rechnitz; Alois Christ, Rechnitz; Johann Hermann, Oberschützen; Ersatz: Georg Drobitsch, Oberwarth; Rudolf Seibold, Stadtschlaining; Rechnungsrevisoren: Johann Simon, Oberwarth; Josef Tölly, Oberwarth; - Gastwirte: Vorsteher: Andreas Freißlinger, Oberwarth; Stellvertreter: Julius Lehner, Pinkafeld; Stefan Graf, Groß-Petersdorf; Rudolf Hollndonner, Rechnitz; Ausschuß: Anton Wagner, Oberwarth; Samuel Köhler. Oberwarth; Franz Saufnauer, Groß-Petersdorf; Josef Imre, Rechnitz; Josef Mager, Bernstein; Johann Paul, Kemethen; Johann Auer, Allhau; Karl Gumhalter, Litzelsdorf; Josef Steurer, Stadlschlaining; Johann Schuh, Oberschütz u, Johann Bentsits, Schandorf; Vinzenz Petz, Schachendorf; Johann Werderits, Hannersdorf; Adolf Ulreich, Bergwerk-Neustift; Johann Koth, Grafenschachen; Johann Hartter, Jabing; Karl Mager, Kassier Oberwarth; Dr. Karl Fuith Sekretär, Oberwarth; Ersatz: Johann Pleyer, Goberling; Johann Koch, Altschlaining; Andreas Zartler, Neumarkt; Fritz Strohriegl, Groß Petersdorf; Emmerich Toth, Oberwarth; Rechnungsrevisoren: Michael Karner, Willersdorf; Johann Neubauer, Oberwarth; - Kleidermacher: Vorsteher: Johann Renstler, Oberwarth; Stellvertreter: Ferdinand Romwalter, Rechnitz; Franz Riegler, Oberwarth; Ausschuß: Johann Zettl, Rothenturm; Franz Suklits, Rechnitz; Franz Sendi, Mariasdorf; Alexander Bruckner, Pinkafeld; Josef Toth, Groß-Petersdorf; Friedrich Mika, Oberschützen; Ersatz: Johann Balaskovits, Dürnbach; Josef Lakits, Bernstein; Rechnungsrevisoren: Gustav Rehling, Oberwarth, Samuel Schein, Oberwarth; - Schuhmacher: Vorsteher: Franz Lang, Oberwarth; Stellvertreter: Michael Wurglits, Groß-Petersdorf; Ausschuß: Michael Simon, Oberwarth; Heinrich Steiner, Oberwarth; Stefan Biederer, Pinkafeld; Johann Hotwagner, Rechnitz; Anton Wurglits. Groß-Petersdorf; Johann Simon, Oberschützen; Josef Pfeiler, Stadtschlaining; Johann Kaufmann Schriftführer, Oberwarth; Ersatz: Johann Gamauf, Allhau; Johann Koch, Rechnitz; Rechnungsrevisoren: Johann Guger, Rothenthurm; Franz Seper, Unterwarth; - Bäcker: Vorsteher: Johann Hofmann, Oberwarth; Stellvertreter: Alexander Brunner, Oberwarth; Ausschuß: Johann Ringhofer. Rechnitz; Julius Saurer, Rothenthurm; Ernst Schlamadinger, Pinkafeld; Lorenz Krainer, Litzelsdorf; Johann Bischof, Kohfidisch; Ludwig Schreiner, Groß-Petersdorf; Johann Brunner Schriftführer, Riedingsdorf; Alexander Tuider Kassier, Oberwarlh; Ersatz: Johann Mühl, Allhau; Samuel Graf, Unterschützen; Rechnungsrevisoren: Karl Ratz, Oberschützen;, Josef Pum, Stadtschlaining; - Fleischhauer: Vorsteher: Johann Ruzsa, Oberwarth; Stellvertreter: Alois Edenhöfer, Pinkafeld; Ausschuß: Engelbert Brandt, Allhau; Hermann Heinrich, Oberwarth, Ludwig Heinrich, Groß-Petersdorf; Benö Heinrich, Tatzmannsdorf; Ersatz: Johann Ochsenhofer, Oberwarth, Franz Schuch, Oberschützen; Rechnungsrevisoren: Johann Kaiser, Oberwarth, Stefan Heritsch, Groß-Petersdorf; - * - Somit haben sich auch im Bezirke Oberwarth die Genossenschaften gegründet, denen die übrigen des Burgenlandes folgen werden bzw. bereits gefolgt sind. Bei uns im Burgenlande haben bereits Gewerbekorporationen bestanden, doch fehlten denselben die gesetzlichen Grundlagen und Rechte, um ihren Aufgaben wirksam und voll gerecht werden zu können. Nun aber haben wir Genossenschaften, die auf Preisbildung, Nachwuchs, Schmutzkonkurrenz und vieles andere, für Handel und Gewerbe Lebenswichtiges kräftigsten Einfluß nehmen können. Im Rahmen dieser Vereine gilt es nun, unseren Handels- und Gewerbestand zur Blüte zu bringen, durch Ausschaltung jeder Sonder- oder Privatinteressen, durch Fernhaltung von politischen Bestrebungen in Gewerbeangelegenheiten und durch Zusammenarbeiten aller ohne Ausnahmen für die Hebung unseres wichtigsten Kulturfaktors des Handels- und Gewerbestandes. Dies aber wird nur dann möglich sein, wenn jeder einzelne Handels- und Gewerbetreibende von der Notwendigkeit neuer Reformen und durchgreifender Schulung überzeugt ist. Und wenn unsere neuen Genossenschaften von diesem Geiste zusammengehalten werden, wenn jeder Einzelne mit Freuden seine Hände ans Werk legt, dann dürfen wir wieder hoffen, daß wie einst in vergangenen Tagen, das schöne Wort wieder wahr wird: „Handwerk hat goldenen Boden." Was unser Blatt betrifft, so werden wir allem, was für Handel und Gewerbe von Bedeutung ist, allgemein wirtschaftlichen Fragen usw. bereitwilligst Raum geben, hoffend, daß unser alter heimischer Handels- und Gewerbestand sich zur vollsten Blüte entfalten wird. Und so rufen wir den neuen Genossenschaften herzlichst Glück auf zum neuen Schaffen zu".

JAHR DER ENTSTEHUNG

1923

ANGABEN ZUR HERKUNFT DES BILDES

Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER

Herkunft des Bildes: © ÖNB – ANNO: Historische österreichische Zeitschriften und Zeitungen

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