Josef Muralter wurde 1897 in Köflach geboren und hat laut Meldebuch zumindest noch vom 1.9.1922 bis 1.8.1923 dort gewohnt. Zumindest schon 1926 ist er jedoch in Oberwart als Glasermeister zu finden. 1930 wird er als Ersatzmann der Feuerwehr geführt (Bis 1937 stieg er zum Zugskommandanten auf.) und ab 1931 als stellvertretender und später als Notenwart des Männergesangvereins. 1934 wird er als Beifahrer im Bezirksrettungswagen des Roten Kreuzes genannt. – 1939 kam es durch Josef Muralter, der bereits seit 1936 illegaler Nazi war, zur Arisierung des Geschäfts der "Gebrüder Löwy“ an der Adresse Wienerstraße 2. Er war unter den Nationalsozialisten Blockleiter, Kreisschulungsleiter, Kreispropagandaleiter, Kreishandwerksmeister und wird am Ende des Krieges Leiter des Südostwall-Unterabschnitts Rechnitz I. -- // -- Südostwallbau 1945 bei Rechnitz: In den letzten Kriegstagen wurden rund 600 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter – vor allem ungarische Juden – mit der Bahn von Köszeg nach Burg transportiert, um beim Aufbau des Südostwalls eingesetzt zu werden. Rund 200 von ihnen wurden, weil sie krankheits- oder erschöpfungsbedingt nicht mehr arbeiten konnten, am 24. März nach Rechnitz, wo sich im Schloss die Unterabschnittsleitung für den Südostwallbau befand, zurückgebracht. Eigentümer des Schlosses waren damals Margit von Batthyány, Tochter Heinrich Thyssens, und ihr Mann Graf Ivan von Batthyány. Der Oberwarter Josef Muralter war Leiter des Südostwall-Unterabschnitts Rechnitz I und hatte die regionale NS-Elite zu einem Kameradschaftsabend ins Schloss geladen. Der zweite Oberwarter, Ludwig Groll nahm in Vertretung des Kreisleiters Eduard Nicka teil. Sie alle waren illegale NSDAP-Mitglieder gewesen und sind damit zweifellos zum ideologisch harten Kern des Nationalsozialismus zu zählen. In der Nacht auf den 25. März 1945, dem Palmsonntag, wurden 180 der Zwangsarbeiter beim Kreuzstadl von Teilnehmern des oben genannten Gefolgschaftsabends ermordet. - Das Massaker ereignete sich nur fünf Tage, bevor die Rote Armee Rechnitz erreichte: In den Zeugenaussagen der Rechnitzer Prozesse, Akte Vg 12 Vr 2832/45, Landesarchiv Wien, steht geschrieben: „Zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens fährt der Lkw-Unternehmer Franz Ostermann insgesamt siebenmal vom Bahnhof zum Kreuzstadl, auf der Ladefläche dreißig bis vierzig Juden, die er den vier SA-Männern übergibt. Die Juden müssen sich ausziehen, vor der Grube stapeln sich ihre Kleider, nackt knien sie am Rand ihres L-förmigen Grabes, der Boden ist hart, die Luft ist kalt, es ist eine mondhelle Nacht. Podezin steht da, Oldenburg auch, beides fanatische Nationalsozialisten. Und sie schießen den Juden in den Nacken. Ein gewisser Josef Muralter, NSDAP-Mitglied, schreit, während er schießt: »Ihr Schweine gehört ins Feuer. Ihr Vaterlandsverräter!«“ -// - Dafür kam es in der Nachkriegszeit zu Anklagen wegen vielfachen vollbrachten gemeinen Mordes, vielfachen vollbrachten gemeinen Mordes als Mitschuldiger, Misshandlung und Quälerei bzw. Verbrechen gegen die Menschlichkeit. - Die Verfahren "Rechnitz I, II und III“ zum Mord an jüdischen Zwangsarbeitern beim Kreuzstadl in Rechnitz: Die Voruntersuchung wurde durch den Antrag der Staatsanwaltschaft Wien vom 12.10.1945 gegen Eduard Nicka (ehemaliger Kreisleiter von Oberwart), Franz Podezin und sieben Personen eingeleitet. Die Voruntersuchung wurde in der Folge auf weitere Verdächtige ausgedehnt, Anklage wurde somit am 27. November 1947 auch Ludwig Groll (ehemaliger Bürgermeister der Stadt Oberwart, Betriebsleiter der „Ostburg“) und Josef Muralter (Leiter des Unterabschnittes "Rechnitz II" beim Bau des Südostwalls, Glaser in Oberwart) erhoben. Der Angeklagte Ludwig Groll wurde zu acht Jahren schweren Kerkers und Vermögensverfall, der Angeklagte Josef Muralter zu 5 Jahren schweren Kerkers und Vermögensverfall verurteilt. - // - Die Unterstützungserklärungen sowohl von Parteien als auch von Privatpersonen in Zusammenhang mit Gnadengesuchen der beiden Verurteilten geben deutlich die Haltung der Bevölkerung zur Ahndung der nationalsozialistischen Verbrechen wieder: Im November 1948 stellte der Verurteilte Muralter einen Antrag auf Überprüfung und Aufhebung des Urteils […. ] Diesem Antrag waren "Befürwortungen" von SPÖ und ÖVP beigelegt. Es wird folgendermaßen argumentiert: [….] daß "wir den Genannten seit seiner Geburt kennen und dadurch bezeugen können, daß derselbe schon als Kind, als Jüngling und späterer junger Mann sich stets in jeder Hinsicht höchst korrekt benommen hat und wir ihm absolut nicht zutrauen können, sich jemals eine strafbare Handlung zuschulden kommen lassen könnte. [...] Die Eltern des oben Genannten sind alte, ehrsame, ansässige Bürger der Stadt Köflach und dieses Urteil trifft die Mutter des Verurteilten so schwer. …. Privatpersonen argumentieren: Groll wird als "die Güte selbst [...] und immer bestrebt [...] anderen zu helfen" sowie "durch das Zusammentreffen irgendwelcher unglücklicher Umstände in diese Angelegenheit verwickelt" beschrieben. Der öffentliche Verwalter der STEWEAG [= Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-AG] und Obmann der Sektion Industrie der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für die Steiermark hielt fest, daß "Gutmütigkeit und menschliches Verständnis zu den Grundzügen seines Wesens gehören. Die Täter werden also als die eigentlichen Opfer hingestellt, der Tausch der Opferrolle perfektioniert und ein gleichsam Sinnbild für den Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Österreich gezeichnet. [……..]
Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER
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