Leopold Hawelka begann seine lange Karriere als Cafétier mit dem Café Alt Wien in der Bäckerstraße im Jahr 1936. Doch im Mai 1939 entschieden die Hawelkas das heruntergekommene Café Karl in der Dorotheergasse zu übernehmen. Diese Räumlichkeiten wurden ursprünglich 1913 als die „Chatham-Bar“ eröffnet, die erste „American Bar“ in Wien, mit Livemusik und einem chambre separée (jetzt ein Lagerraum). Die elegante Inneneinrichtung, wovon Teile bis heute erhalten sind, war von Rudolf Schindler, einem Schüler von Otto Wagner und Adolf Loos, der später auch im Studio von Frank Lloyd Wright in den USA gearbeitet hat. Die getäfelte Decke im hinteren Teil des Kaffeehauses war erst in den Sechziger Jahren von Herrn Hawelka zufällig wiederentdeckt und eröffnet worden. Der Ausbruch des Krieges im September 1939 zwang das neue Café Hawelka zu schließen. Als die Hawelkas 1945 nach Wien zurückkehrten, stellten sie fest, daß ihr Kaffeehaus wie durch ein Wunder, trotz der beträchtlichen Schäden an den meisten umliegenden Gebäuden, den Krieg ohne eine einzige zerbrochene Glasscheibe überlebt hatte. Trotz all der Mängel der zerstörten Infrastruktur und der Gefahren des Schwarzmarktes waren die Hawelkas imstande, die wichtigsten Vorräte zu erwerben und das Kaffeehaus im Dezember 1945 wiederzueröffnen. Nachdem die Alliierten 1955 Wien verließen, wurde das Café Hawelka von Schriftstellern wie Friedrich Torberg, Heimito von Doderer, Hilde Spiel und Hans Weigel besucht. Mit der Schließung des Café Herrenhof 1961 übersiedelten die meisten der verbliebenen Mitglieder des einflußreichen Schriftstellerkreises ins Hawelka und das kleine Kaffeehaus herrschte unangefochten als das Literatencafé. In den späten 50-er Jahren schienen die neuen Espressobars nach italienischer Art, die zu der Zeit überall in Wien eröffnet wurden, viel besser zum schnelleren Leben der Zeit zu passen als das traditionelle Kaffeehaus und tatsächlich wurden viele große Kaffeehäuser geschlossen. Herrn Hawelkas einziges Zugeständnis an die Moderne war, eine Espressomaschine zu installieren (die manche Gäste mit ihrem Lärm irritierte), aber das Kaffeehaus überlebte durch die Loyalität seiner Stammgäste als zeitloser Raum. Während der Sechziger und Siebziger Jahre stellte das Café Hawelka alles dar, was in der Wiener Künstlerszene frisch und energiegeladen war. Ebenso wie die meisten Mitglieder des Phantastischen Realismus, fanden sich unter den Stammgästen der Dichter H.C. Artmann, die Schriftsteller Gerhard Rühm und Konrad Bayer, die Schauspieler Helmut Qualtinger und Oskar Werner, der Multimediakünstler André Heller, der Dirigent Nikolaus Harnoncourt, der Architekt Friedrich Achleitner, der Sänger Georg Danzer und der Fotograf Franz Hubmann, der das Kaffeehaus über die Jahrzehnte durch seine Bilder verewigt hat. Berühmtheiten aus dem Ausland versäumten nie, das Café Hawelka zu besuchen, wenn sie in Wien waren: Elias Canetti, Henry Miller, Arthur Miller und Andy Warhol, um ein paar zu nennen. Politiker und Journalisten strömten in das Kaffeehaus, um die neuesten Trends zu entdecken. Die Menge kam, um zu sehen und gesehen zu werden, und das Café Hawelka wurde eine Institution, und Herr und Frau Hawelka wurden genauso berühmt wie ihre Gäste.
Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER
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