Johann Horvath, zu Lebzeiten den meisten Einwohnern der burgenländischen Bezirkshauptstadt Oberwart (Österreich) vornehmlich unter dem Namen "Kalitsch" bekannt, gehörte zweifellos zu den Menschen, welche man landläufig als "Originale" zu bezeichnen pflegt. Bis zu seinem Tod im Jahre 1983 war er die wichtigste Autoritätsperson in der Oberwarter Roma-Siedlung. Im Jahr 1912 geboren, hatte Johann 1935 seine erste Frau Juliana geheiratet und eine Familie gegründet. Unter nationalsozialistischer Herrschaft nach Auschwitz deportiert, überlebte er als Einziger seiner Familie die Gräuel im Lager. Als die kaum 20 Überlebenden der vormals über 300 ansässigen Roma in Oberwart ankamen, waren die Häuser der ehemaligen "Zigeunerkolonie" längst dem Erdboden gleichgemacht worden. Deshalb quartierte man Kalitsch mitsamt den anderen Heimkehrern in eine Baracke neben der Wasenmeisterei ein. Unter großen Mühen versuchte Johann Horvath, sich in den folgenden Jahren eine neue Existenz aufzubauen und erlangte – im Vergleich zu den anderen Siedlungsbewohnern – allmählich bescheidenen Wohlstand. In den 1950-er Jahren gelang es ihm, der bis zu seiner Pensionierung als Hilfsarbeiter am Bau nach Wien pendelte, schließlich ein Grundstück zu erwerben und ein kleines Haus zu errichten. 1966 heiratete er seine Lebensgefährtin Elisabeth (*1924 / +1985), genannt "Lulu". Im März 1983 verstarb der damals 71-jährige Johann Horvath an Lungenkrebs. In vielen Angelegenheiten hatte Johann Horvaths Wort bei den Roma besonderes Gewicht. Respekt erwarb sich Kalitsch jedoch auch unter den Gadže, die seine wichtige Rolle in der Siedlung sehr wohl anerkannten und ihn entsprechend einer alten Tradition als "Bürgermeister" bezeichneten. – Text nach http://rombase.uni-graz.at
Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER
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